Lehnenball ein Brauch aus dem Saarland

Am ersten Samstag des Jahres findet in Wadrill, einem kleinen Dorf im nördlichen Saarland, der traditionelle Lehnenball statt. Seit Jahrhunderten kennt man in einigen Dörfern das so genannte „Lehnenausrufen“.
Ledige junge Männer und Frauen wurden sich früher bei Tanzveranstaltungen wie Lehnenball und Kirmes einander zugelost. Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, werden die Paare heute, mehr oder weniger passend, “zusammengestellt”.

Die Veranstaltung hat sich seit der Vorkriegszeit bis zum heutigen Tag kaum verändert. Seit jeher ist der Jahrgang der Ziehungsjungen (junge Männer, die das Musterungsalter erreicht haben) für die Ausrichtung des Lehnenballs zuständig.

Früher war es undenkbar, dass sich Mädchen an der Organisation beteiligen durften. Bis zum Jahr 1992, als das Tanzfest auszufallen drohte, weil es nur wenige 19-jährige Männer gab. Aber mit Hilfe der gleichaltrigen Damen wurde der Lehnenball dennoch ausgerichtet und die Tradition konnte fortgeführt werden. Seit diesem Zeitpunkt teilen sich die beiden Geschlechter jährlich die Arbeit und vor allem den Spaß der Ausrichtung.

Die Vorbereitung zum Lehnenball ist sehr zeitaufwändig. Im Vorfeld muss sich der Lehnenjahrgang mehrmals treffen, um Singles aus dem Ort zu passenden Pärchen zusammen zu stellen. Die Jugendlichen, die bereits in festen Händen sind, werden natürlich mit ihren jeweiligen Partnern ausgerufen, wobei die Auswärtigen mit MVA (Mädchen von auswärts) bzw. JVA (Junge von auswärts) betitelt werden.

Damit jetzt auch die betroffenen Jugendlichen wissen, mit wem sie zum Lehnenball gehen dürfen (oder müssen), findet am Abend des 2.Weihnachtsfeiertages das “Ausrufen” auf dem Schulhof statt. Hier werden die Pärchen nun mit dem Spruch “Mir gönn, mir gönn, mir gönn!” (“Wir geben” ruft der Jahrgang) – “Göfft wen ihr wollt, uas esset egal!” (“Gebt uns wen Ihr wollt, uns ist es gleich” antworten die Kandidaten und Schaulustigen) vorgelesen. Daher der Ausdruck “Ausrufen”.

Nachdem bekannt ist, wer mit wem zum Lehnenball geht, muss das Mädchen den ersten schweren Schritt machen, indem es am Freitagabend vor der traditionellen Tanzveranstaltung ihrem Lehnenjungen eine große Brezel, die entweder aus Hefekuchen oder, typisch saarländisch, aus Lyonerwurst hergestellt ist, bringt. Als Gegenleistung für die gebrachte Brezel, muss der Junge sein Lehnenmädchen zum Lehnenball ausführen.

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